Interview: Kollektiv Lampenschirm

In einem roten Dreieck spiegelt sich das Kollektiv Lampenschirm wieder. Das aus Wien stammende Visualistenquartet verwandelt und projizieren Collagen aus Filmmaterialien und Animationen in sphärisch-poetischen Lichtspielen auf zwei- und dreidimensionale Räume.

Die Eltern Peter Paulhardt, Stefan Schierhuber, Sebastian Freudenschuss und Dario Stefanek des im Jahr 2010 geborenen Kollektivs begannen ihre Auseinandersetzung mit dem Mensch im öffentlichen Raum auf dem multimedialen Happening „Die Kunst der Überwachung“ des Vereins zur Förderung der multimedialen Kunst Brick5. „Ziel dieser, auf mehreren Ebenen stattfindenden, Installation war dem Rezipienten aufzuzeigen wie sehr der urbane Raum von Überwachung und Einschränkungen dominiert wird. Teil dessen war unter anderem das Einbeziehen einer Performancekünstlerin, welche nahezu nackt in einen Glaskasten gesteckt wurde um den gläsernen Menschen zu versinnbildlichen.

Die Kunst der Überwachung (Q: Lampenschirm)

Foto: Die Kunst der Überwachung (Q: Lampenschirm)

Aus dieser groß angelegten Raumverwandlung stieg der Wunsch diese Erlebnisse auch mit dem Clubpublikum zu teilen. Der Aspekt des Verwandeln eines Raumes und das Spielen mit Rezipienten selbst ist immer ein großer Teil der visuellen Performance von LAMPENSCHIRM. Gerade aus diesem Grund forciert LAMPENSCHIRM die Technik des Mappings sehr stark. Begonnen mit schlichten 2Dimensionalen Flächen, bis hin zu komplexen 3Dimensionalen Formen geht die Richtung nun in eine großflächige modulare Panoramamappinginstallation, wie zuletzt beim Sound:Frame Festival 2011 Performance.“

Dieser Auszug des Lampenschirm Pressetextes war für uns Grund genug ein Emailinterview mit dem Kollektiv zu machen.

A: Welche Bedeutung hat der Name Lampenschirm?
L: Die Bezeichnung entstand im Rahmen unseres Diplomprojekts „Die Kunst der Überwachung“ im April 2010. Der Name ist in diesem Fall widersprüchlich, das Licht, welches in 17. Jhrd. zur Überwachung diente (eine der ersten Formen von Überwachung im Öffentlichen Raum überhaupt), wird abgeschirmt. Es entsteht quasi ein closed circuit, es soll nicht das Äußere vom Inneren abgeschirmt werden sondern das Innere vom Äußeren.

A: Wie ist euer Kollektiv entstanden?
L: Wir haben uns in der Graphischen in Wien getroffen, haben dort gemeinsam Multimedia studiert und fanden beim, sowie nach der „Kunst der Überwachung“ zusammen. Stark geprägt hat uns auch die enge Mitarbeit beim Klub Fraktal bei dem wir über ein halbes Jahr allwöchentlich visualisierten und uns dadurch maßgeblich weiterentwickelten.

RTS.FM LOUNGE - Anna Leiser (Q:Lampenschirm)

Foto: RTS.FM LOUNGE - Anna Leiser (Q:Lampenschirm)

A: In eueren Inhalten spielt ihr die Thematik der Überwachung an. Woher kommt diese Zuneigung?
L: Aufgrund der rapiden Zunahme von Überwachung im öffentlichen Raum und die Gleichgültigkeit, mit der die Öffentlichkeit die negativen Aspekte ausblendet. Im Rahmen des Diplomprojekts gestalteten wir einen closed ciruit, bei dem die Besucher Opfer, sowie Teil einer bürokratischen Überwachungsmachinerie wurden. Auf mehreren Ebenen konnte man der Frage „Wer überwacht die Überwacher?“ nachgehen. Hier wurde mit hohem Aufwand versucht den Rezipienten in das System zu integrieren um ein beklemmendes Gefühl des beobachtet Werdens zu erzeugen.

A: Uns ist aufgefallen, dass ihr verstärkt das Medium Video nutzt. Warum transportiert ihr euere Botschaften über dieses Medium?
L: Wir beschränken uns nicht auf das Medium Video, es ist lediglich ein Aspekt unserer Gesamtarbeit, neben 2D und 3D Animationen. Wir nutzen jegliche Möglichkeiten die verfügbar sind. Angefangen bei analogem, hin zu digitalem bis zu performativen Inhalten. Die Affinität kommt daher, dass wir alle im Filmbereich arbeiten, als Kameramann, Cutter, Regisseur und dadurch einfach die Möglichkeiten offen stehen, dieses Medium auszureizen. Im Moment liegt der Fokus beim Live-Videoschnitt.

A: Wie ist der analoge und performative Aspekt gemeint?
L: Unser Erstlingswerk war „die Kunst der Überwachung“, ein multimediales Happening, bei dem wir verstärkt den Fokus auf ältere Techniken gelegt haben um die Location, eine über 700qm große ehemalige Erbsenfabrik in Wien 15, flächendeckend zu verwandeln. Es gab damals ein Rahmenprogramm, welches gewisse Ereignisse umfasste, die durch Schauspieler vermittelt wurde.

Die Kunst der Überwachung (Q: Lampenschirm)

Foto: Die Kunst der Überwachung (Q: Lampenschirm)

A: Und was meint ihr mit digitalen Möglichkeiten?
Schlichtweg neue Techniken zu verwenden, sei es die Verwendung von Triple Heads oder Mappinginstallationen zu entwickeln. Unsere neueste Installationen, komplett von uns durchgeplant und umgesetzt, wird eine überlebensgroße Welle werden und am Freakwave Festival 2011 zu sehen sein.

So bilden wir einen Bogen von analogen Techniken in der 2ten Dimension hin zu digitalen Techniken in der 3te Dimension.

A: Was sind euere Pläne für die Zukunft?
L: Im Moment konzentrieren wir uns auf die Umsetzung einer Mappinginstallation beim Freakwave Festival in Bregenz. Generell wollen wir uns weiterentwickeln, auch abseits der klassischen Klubvisuals hin zu Livecinema oder gänzlich für Visuals untypische Genre, weiter etablieren und neue Techniken ausprobieren (Stichwort kinect).

A: Vielen Dank für das Interview.

Seit heute kann das neuste Werk, die im Interview erwähnte Mappinginstallation, auf dem Freakwave Festival 2011 gesehen werden. Lampenschirm baut somit eine Brücke aus narrativen Aspekten zu visuellen Elementen der Partyscene auf eine bis her (leider) nur wenig vertretende Weise aus. Wir wünschen ihnen viel Erfolg!

Euere Roman und Vali // Armitage.tv


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