Kreative Bildmanipulation und Live Cinema

In meinem ersten Post habe ich erklärt was Live Cinema ist. Jetzt geht es um die Bildgestaltung. Viele Live Cinema Acts sind abstrakt, die Botschaft der/des KünstlerS kann in dem verwirrenden Bildmassaker schnell untergehen. Was kann getan werden um den Faden nicht zu verlieren? Aufmerksam sein ist natürlich in erster Linie hilfreich, aber der Inhalt ist ja vom Künstler bestimmt, also ist der Zuschauer dem gezeigten Bild ausgeliefert. Stopp! Das stimmt nicht! Wir sind bei Live Cinema!

Vor einigen Jahren wurde in Berlin am Checkpoint Charlie die Performance des norwegischen Künstlers Adam den Haene „32 Pianos“ aufgeführt. Ein Freund lud mich zu einem spontanen Treffen auf seiner Arbeit ein. Als ich angekommen war, stellte ich fest, dass er mich zu einer Ausstellung am Checkpoint Charlie navigiert und die Eröffnung gerade angefangen hat. An diesem Tag trug ich ein rotes T-Shirt mit dem weißen sowjetischen Stern, den Buchstaben CCCP auf der Brust und der Nummer 7 auf dem Rücken – „Wie passend.“ dachte ich. Also betrat ich die Veranstaltung und sah wie eine Performerin, die wie ich später erfuhr aus New York angereist kam und zum ersten Mal in Deutschland war, auf den zu einer Mauer aufgestellten, halbdemolierten Klavieren trommelte, ein Lied sangt und das Publikum zum Zerstören der Mauer aufforderte. Als sie mich erblickte, verlor sie den Takt und versteinerte für einen Augeblick. Sie fuhr zwar sofort vor, aber ihre Stimme schwankte und sie schaute ständig zu mir hinüber. Nach einigen Minuten erschien mein Freund und gab mir mit den Worten: „Ich glaube Dein T-shirt irritiert die Künstlerin.“ ein „32 Pianos“ T-Shirt.

Die Regel, die nicht nur im Leben bewehrt ist, nennt sich Aktion-Reaktion-Regel. Aktion: mein Erscheinen auf der Veranstaltung – Reaktion: Irritation der Performerin. Ein Live Cinema Film entsteht während er geschaut wird, also verändert der Zuschauer bzw. genauer geschrieben die Reaktion des Zuschauers den Film. Ob unbewusst oder (hoffentlich) bewusst interagiert jeder Künstler mit seinem Publikum. Er spürt die Stimmung genau so wie der Zuschauer den Live Cinema Film sieht. Ist der Künstler sensibel genug, wird er das Unbehagen bemerken und sein Konzept anpassen. Im Gegenzug wird der Zuschauer wieder aufmerksam und kann dem Inhalt folgen. Also können beide Einfluss auf den Film nehmen und es entsteht ein Echtzeitfeedback. Interessanter Weise verschiebt sich diese Regel bei Live Cinema aus der im Film vorprogrammierten Reaktion zur Kommunikationsbasis zwischen dem Publikum und Künstler. Die Verdeutlichung der Aktion-Reaktion-Regel ist in dem unter dem Artikel verlinkten Video zu sehen. Herr Teruoka’s Berührungen lösen über eine Maschine elektrische Impulse aus, die im Gesicht Daito Manabe’s als Muskelkontraktionen zu sehen sind.

Resume: Die Zuschauer sind ein Teil des Live Cinema Fillm und haben Einfluß auf das Gescheihen. Dieses ist meiner Meinung nach eine der wichtigsten Rahmenbedingungen des Formats.

Viele festliche Grüße, Armitage.TV

Nachtrag:

Daito Manabe bereitet derzeit eine neue Live Cinema Performace vor. Sie wird auf seiner Seite www.daito.ws und natürlich auch im Armtiage.TV-Blog  angekündigt.


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